Drehen und Wenden – Yoga Asanas mit Rotationen
Was dreht denn da überhaupt? Rotationen als wichtige Alltagsbewegungen
Die Rotationsfähigkeit unserer Wirbelsäule erweitert unseren Bewegungsradius. Durch sie werden viele alltägliche Bewegungen und Handlungen überhaupt erst ermöglicht. Z.B. wenn wir neben oder hinter uns greifen, um etwas aufzuheben, der Schulterblick beim Autofahren, wenn wir die Straße überqueren, die Bewegung des Gehens selber gelingt so weich und harmonisch nur deshalb, weil unser Becken in Achterbewegungen rotieren kann, was ihm durch die Wirbelsäule ermöglicht wird.
Leider sind bei vielen Menschen die tagtäglich ausgeführten Bewegungen nur noch sehr eingeschränkt durch Rotationsbewegungen gekennzeichnet. Das macht sich dann irgendwann bemerkbar. Oft ist es besonders die Brustwirbelsäule, die eigentlich am stärksten rotieren kann, die ihre Fähigkeit im Laufe der Zeit immer mehr verliert. Das bedeutet dann, dass der Betroffene Ausgleichsbewegungen machen muss. Z.B der Schulterblick beim Autofahren: Hier übernimmt dann die viel beweglichere Halswirbelsäule den fehlenden Rotationsanteil der Brustwirbelsäule. Das kann auf Dauer zu Problemen führen und gerade die Halswirbelsäule ist da besonders empfindlich. Ein Bandscheibenvorfall in diesem Teil der Wirbelsäule ist viel folgenreicher als z.B. in der Lendenwirbelsäule. Dem sollte man unbedingt vorbeugen, indem das Rotieren der Brustwirbelsäule trainiert und damit erhalten wird.
Auch auf weiter entfernt liegende Gelenke kann sich eine mangelnde Rotationsfähigkeit der Wirbelsäule auswirken: die Kniegelenke oder Fußgelenke können ebenso durch diesen Mangel geschädigt werden.
Twists im Yoga
Rotationsbewegungen spielen im Yoga eine ganz wichtige Rolle und sind auch in vielen Asanas mit enthalten, deren Schwerpunkt gar nicht in der Rotation liegt. Insbesondere aber die typischen Rotations-Asanas im Sitzen und Liegen haben in ihrer Wirkung eine besondere Bedeutung. Sie können helfen, Gelenk- oder Wirbelblockaden zu lösen, die oft auch Ursache von Muskelverspannungen sind. Durch solche Verspannungen können nicht nur Schmerzen entstehen, sondern auch Funktionsstörungen. Es kann zu Kompressionen von Nerven kommen, was sogar zu Störungen von Organfunktionen führen kann. Hier kann das Üben der intensiven Rotationen im Yoga helfen bzw. vorbeugen. Andererseits ist bei schon vorhandenen Schädigungen hier dann auch besondere Vorsicht geboten: z.B. bei Gleitwirbeln, Morbus Bechterew, akuten Bandscheibenvorfällen in der Heilphase oder Osteoporose muss besonders achtsam geübt werden. Manchmal muss die Bewegung auch angepasst werden oder eine bestimmte Asana kann auch mal kontraindiziert sein. Hier gibt die Yogalehrerin den Betroffenen im Unterricht die entsprechenden Hinweise und Hilfen.
Rotationen als Massage der Organe
Dies ist eine wichtige Funktion und ein direkter Nutzen von Twists: Durch das Drehen der Körpermitte werden viele Organe gegeneinander verschoben und somit in ihrer Funktion angeregt. Twists fühlen sich auch so an: Als ob man einmal „ausgewrungen“ würde wie ein nasses Handtuch. Die Darmtätigkeit z.B. wird dadurch positiv unterstützt, ebenso viele andere Stoffwechselprozesse. Twists „befeuern“ den Körper und helfen ihm bei seinen Reinigungsprozessen.
Twists als „Energiespender“
Auch das: Twisten aktiviert Energiereserven und macht irgendwie froh und glücklich, so platt das auch klingt. Denke nur mal an den Tanz – „Let’s twist again…“ vermittelt schon genau dieses Gefühl. Ist ja auch irgendwie klar, wenn Twists Stoffwechselprozesse anregen: Du wirst aktiver.
Die ausgleichende Wirkung von Twists
Neben dem anregenden Aspekt kommt andererseits aber auch eine zweiter zum Tragen: Twists wirken ausgleichend, harmonisierend. Das ist ja z.B. auch beim Gehen die Funktion des Rotierens: dafür sorgen, dass der Körper im Gleichgewicht bleibt, wenn durch das Nachvornschieben von Becken und Bein der Oberkörper – vermittelt über die Rotation der Wirbelsäule – in die Gegenrichtung bewegt wird. Dadurch erst wird die Bewegung harmonisch und ausbalanciert. Bei Menschen, die verspannt und fest in der Wirbelsäule sind, sieht man das oft an einem schwankenden Gang – das Gewicht wird von links nach rechts verschoben, damit die Vorwärtsbewegung überhaupt gelingt, das Becken mit dem Bein nach vorne geschoben werden kann. Eine ausgeglichene Rotationsfähigkeit macht den Gang eines Menschen elegant und anmutig, wie man es bei Tänzern wunderbar sehen kann.
Ausgleich findet aber auch auf anderen Ebenen statt: Bei Bewegungen über die Körpermitte, wie es beim Rotieren der Fall ist, werden beide Gehirnhälften miteinander harmonisiert. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn ich meine Arme in diese überkreuzende Bewegung mit hineinnehme, wie es bei vielen Variationen von Standhaltungen der Fall ist. Auf psychischer Ebene bedeutet dies: durch Drehungen werden Gegensätze zusammen- und wieder ins Gleichgewicht gebracht. Wenn z.B. ein Ungleichgewicht zwischen Denken und Fühlen besteht, kann eine intensive Rotationspraxis hier ausgleichend wirken.
Twists können aber auch neue Perspektiven eröffnen. Wenn ich auf der körperlichen Ebene starr und unflexibel bin, findet dies oft auch auf der seelischen Ebene seine Entsprechung. Auch hier können rotierende Asanas helfen, Flexibilität auf allen Ebenen wieder- oder überhaupt erst herzustellen.
Übung: Der kreisende Adler
- Stelle dich in eine mehr oder weniger weite Grätschposition – je nachdem wie intensiv du die Übung gestalten möchtest
- Wickele nun den rechten Arm unter den linken und danach die Unterarme noch einmal umeinander, so dass deine Handflächen gegeneinander schieben können
- Schiebe die Ellbogen nun soweit wie möglich nach oben, so dass du zwischen deinen Schulterblättern einen angenehmen Dehnungszug spüren kannst
- Nun beginne mit deinem gesamten Körper Kreise in eine Richtung (mit oder gegen den Uhrzeigersinn) zu malen – die Ellbogen führen dabei deine Bewegung
- Dein Rücken darf und soll dabei ganz rund werden, wenn du über unten rotierst
- Wenn du nach oben rotierst, kannst du gerne in eine sanfte Rückbeuge gehen
- Dein Kopf darf gerne der Rotationsbewegung folgen, wenn es angenehm für dich ist. Falls dir schwindelig wird, schau wieder gerade nach vorn
- Lass die Kreise so groß werden, dass du spüren kannst, wie deine Flanken sanft gedehnt und deine Rippen geöffnet werden
- Wenn du eine Weile in die eine Richtung gekreist bist, löse die Umwicklung deiner Arme und lass dich einen Moment nach unten aushängen. Dabei kannst du dich gerne mit den Händen abstützen.
- Danach wickelst du den linken Arm von unten unter den rechten und führst dann die Kreisbewegung in die andere Richtung aus
Diese Übung vereint mehrere Rotationsbewegungen. Einerseits kreist du um eine horizontale Achse herum. Dabei muss deine Wirbelsäule ebenfalls um ihre eigene Achse rotieren, damit diese Kreisbewegung überhaupt möglich wird.
Du kannst diese Übung für dich zu Hause ausführen, wenn du z.B. gestresst bist und das Gefühl hast, es hat sich etwas bei dir angestaut, dass du loswerden willst, wenn du dich unausgeglichen fühlst, aber auch, wenn du Rückenschmerzen aufgrund zu vielen und zu langen Sitzens oder Stehens hast. Die Übung kann dir auch Inspiration bringen, wenn du z.B. das Gefühl hast, du hängst in einer bestimmten Denkweise fest, von der du dich lösen möchtest. Oder wenn du etwas mal aus einer ganz neuen Perspektive betrachten möchtest.